aus 1 mach 1/16

Berlin-Spandau | Wilhelmstadt
» Fertigstellung: 2009 »Baujahr: ~1938 » Zwei Wohneinheiten » erwartete Energieeinsparung >85%

Das Zweifamilienhaus wurde in den 1938er Jahren als zweigeschossiger Ziegelmauerwerksbau mit Keller und mit flachgeneigtem, nicht ausbaufähigem Zeltdach (Pyramidendach) errichtet.

Die Bausubstanz war bei Beginn der Baumaßnahme 2008 der Baualtersklasse entsprechend gut erhalten. Sanierungsmassnahmen an der Baukonstruktion waren nur sehr begrenzt zu unternehmen, es lag kein Schädlingsbefall vor, die Feuchteschäden beschränkten sich auf zwei lokal begrenzte Bereiche: Süderker und Nord-West-Gebäudeecke im Keller. Allerdings war die gesamte Gebäudetechnik altersbedingt erschöpft, konnte und sollte nicht weiter verwendet werden.

Im Innenbereich wurden keine räumlichen Veränderungen vorgenommen, auch die Geschosstreppen blieben erhalten.

Die Baumaßnahmen konzentrierten sich auf die Hüllflächen und die Gebäudetechnik.Das Gebäude weist nach der Modenisierung nur noch einen auf ~1/16 reduzierten Primär-Energiebedarf gegenüber dem bisherigen Zustand auf und erreicht annähernd den sog. Passivhausstandard. Hierzu wurde

  • die Fassaden mit einem Holzstegsystem 44cm Holzfaser-Wärmedämmung eingeschalt,
  • der Erker als Holzstegträger-Konstruktion in alter Form neu gebaut,
  • die Fenster und Türen durch Holzfenster mit Dreifach-Isolierverglasung ausgetauscht und an wärmebrückenminimierter Position eingebaut
  • das Dach mit i.M. 51cm Holzfaser-Wärmedämmung und
  • die Kellerdecke mit 12cm Wärmedämmung versehen,

sodass der auf die Hüllfläche bezogene, spezifische Transmissionswärmeverlust Ht’ bei 0,25 [W/(m²K)] liegt. Darüber hinaus wurden

  • die Kellerwände aussen wärmegedämmt, um die Wärmebrücke des hohen Sockels zu minimieren.

Flankierende Maßnahmen waren:

  • die Installation von Sonnenschutzanlagen an den Fenstern mit aussenliegenden, automatisch gesteuerten Schrägfallmarkisen, um eine sommerliche Überwärmung zu verhindern und gleichzeitig eine ausreichende Beleuchtung im Innenraum zu erzielen,
  • die Neugestaltung und thermische Entkopplung des Eingangs und der Kelleraussentreppe,
  • die Verlängerung des Dachüberstandes, der mit seiner ausgerundeten Unterseite nach der Modernisierung das Erscheinungsbild des Hauses genauso prägt wie vorher,
  • eine neue, bis an die Grundstücksgrenze reichende Eingangsüberdachung, die auch als offener Carport genutzt werden kann,
  • die asbesthaltige Wellplatteneindeckung des Daches wurden durch eine extensiv begrünbare, PVC-freie Kunststofffolie ersetzt.

Die Gebäudetechnik wurde komplett ausgetauscht:

  • Die Frischwasser- und Abwasserinstallation wurde erneuert. Hierbei erhielten die Toiletten eine separate Versorgungsleitung, die vorrangig mit Regenwasser gespeist wird, um Trinkwasser durch Regenwasser für die Toilettenspülung zu substituieren. An der Nord-Ost-Gebäudeecke befindet sich auf dem Grundstück eine 8m³ große ehemalige Abwassergrube, die bereits im trockenen Zustand übernommen wurde und nach der Auskleidung mit einer Tankhülle als Regenwasserzisterne verwendet wird. Die Wohnungen erhielten sep. Zähleinrichtungen.
  • Die Konventionelle Wärmeverteilung wird bei dem guten Wärmedämmstandard fast nicht benötigt. Ganz auf Heizkörper zu verzichten, wäre technisch möglich. Die Entscheidung für Mini-Heizkörper wurde jedoch zu Gunsten der individuellen, raum­weisen Regelung getroffen. Die Heizkörper erhielten programmierbare Ventile, die bei plötzlichem Kaltlufteinfall (wie z.B. beim Fensteröffnen) schliessen – und nicht wie sonst üblich das Ventil öffenen und den Heizkörper zum offenen Fenster heraus heizen lassen.
  • Jede Wohnung verfügt über eine eigene Lüftungs­anlage, um eine Einzelregelung und -abrechnung zu ermöglichen und Schall­­­übertragung auszuschließen. Der Wärmeinhalt der Abluft wird zu ~85% zurück gewonnen und der Zuluft wieder zur Verfügung gestellt, die im Winter zuvor mit Hilfe eines Sole-Erdwärmetauschers auf frostfreies Temperaturniveau vorge­wärmt wird. Im Sommer wird der selbe Erdwärmetauscher für die Vorkonditionierung der Frischluft genutzt.
  • Als Wärmeerzeuger arbeitet ein Pellets befeuerter Stirling-Motor (Mini-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage). Im Haus wird nur ein kleiner Teil der bereit gestellten Wärmeleistung selbst abgenommen. Die Auslastung der Anlage wird zu etwa 9/10 durch die Wärmeversorgung eines benachbarten Zwei-Familien-Wohnhauses erreicht mit der Absicht, hier den fossilen Brennstoff (Heizöl) durch den nachwachsenden Brennstoff (Pellets) zu ersetzen. Zu diesem Zweck wird auf privatem Grund Wärmeversorgungsleitung zwischen Häusern gebaut und ein Wärmetauscher mit Zähleinrichtung in die Rücklaufleitung der ansonsten unveränder­ten Heizungsanlage des Nachbarhauses eingebaut. Die Ölheizung belibt autark funktionsbereit und übernimmt die Spitzenlasten im Bedarfsfall. Der von der KWK-Anlage erzeugte Strom wird entweder in das öffentliche Elektrizitätsnetz eingespeist oder – je nach Tarifsituation – vorrangig von den eigenen Haushalten genutzt.
  • Die Installation einer thermischen Solaranlage zur Brauchwassererwärmung verkürzt zwar die Laufzeit der KWK-Anlage im Sommer und schmälert dadurch die Betriebswirtschaftlichkeit, reduziert aber auch den Brennstoffverbrauch – und darauf kommt es in der ökologischen Bilanz an – selbst wenn dieser Brennstoff aus nachwachsenden Quellen stammt.
  • Die gesamte Elektro-Installation wurde den heutigen Anforderungen entsprechend erneuert.

Tag der Energiesparrekorde
Am 10.10.2009 beteiligte sich das Projekt noch vor seiner Fertigstellung am Tag der Energiesparrekorde, eine bundesweite Veranstaltung der Deutschen Energieagentur (DENA). Im Laufe des Tages kamen schätzungsweise 80 bis 100 interessierte Besucher.

Trotz strömenden Dauerregens wollten auch beim Tag der Energiesparrekorde am 26.09.2010 mehr als 50 Besucher wissen, was „hinter der Fassade“ steckt.

Vortrag
Die Folien des Vortrages vom 24.02.2010 über das Projekt Rodensetinstraße können hier heruntergeladen werden.

Vortrag Energetische Modernisierung mit nachwachsenden Rohstoffen