Ein Passivhaus wird in ein Gewächshaus gepflanzt

In ein bisher landwirtschaftlich genutztes Gewächshaus auf einem Gärtnereigelände in Coswig (bei Dresden) wird ein Wohngebäude mit Passivhausstandard hineingebaut. Das äußere Erschei­nungsbild des Glashauses bleibt dabei im Wesentlichen unver­ändert. Die Eingriffe beschränken sich auf den Einbau von Terrassentüren und Wohnraumfenster auf der Südseite.

So wurde aus der Auflage der Stadtplanung – nämlich kein „typisches Einfamilienhaus“ im Garten­land zu errichten, sondern den Charakter der Gärtnerlandschaft zu erhalten, ein entwurfliches, baukonstruktives und energetisches Gesamtkonzept:

Die nach Süden orientierten Wohnraumfenster und die zugeordneten Speichermassen im Gebäude­inneren sorgen durch direkte Besonnung für die (passiv-solare) Grundwärme in den Wohnräumen.

Ein konstruktiver Luftspalt zwischen der beste­henden Glashauswand – und -dachfläche wird auf der Südseite als thermischer Konvektions­raum (Solarkamin) genutzt: Die solar erwärmte Luft wird in den Übergangsjahreszeiten und im Winter mit Hilfe eines Ventilators abgesaugt und durch eine Speicherwand (Hypokaustum) geführt, die aus stranggepressten Hohlkam­mersteinen (Lehm-Kalk-Gemisch) hergestellt wird. Hier kühlt sich die Luft ab und läd da­durch die Speicherwand ther­misch auf, was zu einer Oberflächentemperaturerhöhung führt und die Speicherwand als tempe­rierte Strah­lungsfläche thermisch wirksam werden läßt. Diese Speicherwand wird als Vormauer­schale vor die Mittelwand gesetzt. Die rückströmende Luft wird über Bodenkanäle wieder dem süd­lichen Luftspalt zugeführt.

Mit einer Diplomarbeit an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin, wurde von Matthias Böhler ein 1:1-Modell eines Hypokausten-Wandsegmentes mit Strömungsregler gebaut und die Funktionsweise experimentell optimiert.

Der entsprechende Spalt auf der Nordseite wird als thermischer Puffer verwen­det, um die Trans­missionsverluste zu reduzieren.

Die Glashülle des vorhandene Gewächshauses wird somit zum unverzichtbaren Bestandteil des solerenergetischen Gebäudekonzeptes.

Im Sommer wird die entstehende Warmluft aus dem Luftspalt ohne energetische Nutzung kon­vektiv abgelüftet. Zur Vermeidung von sommerlicher Überhitzung kann zusätzlich – wie in Gewächs­häusern üblich – ein saisonaler Sonnenschutz einbezogen werden.

Die am Erschließungsweg liegenden Glashausfelder wer­den als Wintergarten genutzt. Durchintensive Bepflanzung bleibt so der Charak­ter des Gewächshauses vollständig erhalten. Zur Vermeidung sommerlicher Überhitzung strömt Frischluft durch ein vor dem Wintergarten befind­liches Erd­rohrregister (Erdwärmetau­scher) und kühlt das Luftvolumen des Wintergartens konvek­tiv. Die Luftbewegung wird durch den solar erzeugten Auftrieb sicherge­stellt, der zwischen dem saisonalen, innen liegenden Sonnenschutz und der vor­handen Glasfläche des Gewächshauses entsteht. Die Warmluft wird mit Sommer über die vorhandenen Firstöffnungen abgelüftet.

Äußere Rankhilfen an der Nordfassade komplettieren das Pflanzkonzept.

Die technische Erwärmung des Brauchwassers erfolgt durch den Anschluß an die bestehende Hei­­­zungs­anlage der benachbarten Gewächshäuser. Die Lüftungsanlage sorgt für eine kontrol­lierte Frischluftzufuhr, die im Erdwärmetauscher vorgewärmt und in einem kleinen Heizregister auf die richtige Temperatur gebracht wird, während die Energie aus der Abluft über einen Wärme­tauscher rückgewonnen wird.

Die in das Glashaus integrierte Gebäudekonstruktion wird in Holzständerbauweise mit Einsatz von Holzstegträgern errichtet. Zelluloseflocken bilden die Wand- und Dachdämmung und die erd­berührten Bauteile werden überwiegend mit einem Glasrecyclingprodukt wärmegedämmt. Für die Ausbaukonstruktion kommen in erster Linie Holz- und Lehmbaustoffe zur Anwendung.

Die gesamte Konstruktion errichtete die Bauherrenfamilie in Eigenleistung.